1.
Erst
dachten wir ein Komet hätte eingeschlagen nächtens nah beim
Dorf
aber nein; es war ein Raumschiff!
Aus dem Weltall!
Man
erkannte es sofort an den großen Außenbordmotoren
und den
Marshall-Türmen, jeder mindestens eine Million Watt groß; ohne
Mischpult!
Heraus
stieg: Öbel Oore (das stand jedenfalls auf der goldenen
Pimp-Kette,
die er um den Hals trug). Auch um seinen Hals hing
eine Gitarre...
"Guantanamera! Guajira Guantanamera!"; so sang er uns ansatzlos an; "Guantanamera!",
und er spielte das ganze Lied. Auch um seinen Hals hing eine Gitarre...
"Guantanamera! Guajira Guantanamera!"; so sang er uns ansatzlos an; "Guantanamera!",
und er spielte das ganze Lied.
Wir wunderten uns etwas, waren aber auch begeistert und politisch korrekt.
Beifall! Endlich mal ein netter Außerirdischer!
Öbel
Oore gefiel das Lied auch, er hatte es aus dem Orbit von einem am
Ku'damm spielenden Straßenmusiker aufgeschnappt,
der dasselbe
Lied 10 Stunden lang spielte, Guantanamera, von
vorne und von hinten; Guantanamera, guajira guantanamera!
Gerade wollten wir unserem neuen Freund Blumen und Selbstgebackenes reichen,
da fing er auch schon wieder an: Guantanamera! Und er spielte das Lied nochmal.
Und nochmal.
Es
wurde ein wenig unbehaglich, und nach dem fünften mal
baten wir
ihn aufzuhören.
Öbel aber dachte nicht im Traum daran. Guantanamera!
Und er legte viel Herz in seine Stimme. "Öbel!", so riefen wir, "Öbel! Komm doch ma
runter!" Doch er lächelte nur schizophren und sagte: " Ich weiß was euch gut tut!
Denn ich komme aus dem Weltall!" Und er sang doppelt so laut weiter:
Guantanamera! Guajira guantanamera!
Da wussten wir, das Öbel Oore wahnsinnig war!
Natürlich versuchten wir ihn sofort zu erschießen, aber er war von einem außerirdischen Kraftfeld umgeben. Guantanamera, guantanamera!
Jetzt schließt er die E-Gitarre an.
Mit 3 Milliarden Watt dröhnt es bis in unsere Knochen: Guantanamera; und wir rennen um
unser Leben.
2.
Jetzt
lauert er Nachts in dunklen Hauseingängen und wartet,
bewaffnet
mit seinem widerlichen Lodenmantel und der behinderten
Beckham-Frisur,
die Gitarre entsichert.
Die Angst regiert das Dorf.
Passieren
ahnungslos schlendernde Pärchen seine Falle,
ist es auch schon zu
spät:
"Guantanamera!",
so brüllt er seine erschrockenen Opfer an,:
"Guantanamera!"
und er hört nicht mehr auf bis sie winselnd am Boden liegen.
Wenn
sie sich nicht mehr bewegen können, schleift er sie in sein
Verließ,
einen verwinkelten Gewölbekeller, viele Meilen unter
der Erde.
Und
dort hängen sie auch schon, die Opfer der vergangenen Nächte,
an
Ketten, kopfüber.
Der
Angstschweiß hat kleine Pfützen unter ihren Köpfen entstehen
lassen;
Möbel Oore lässt kleine Gummientchen darauf schwimmen,
um die armen Seelen zusätzlich zu demütigen. Sie
wissen was kommt wenn der Tag anbricht: das Konzert!
Jeden
Tag, von Sonnenauf -bis Sonnenuntergang: Guantanamera!
Guajira
guantanamera!
Sie
würden sich gern erhängen, aber sie sind ja gefesselt,
und
außerdem hängen sie schon, bloß falschrum.
Guantanamera, guajira guantanamera!
Nachts streifen wir durch die Gassen und die Fackeln bluten an den Fassaden;
"Öbel
Oore, komm raus du mieses Vieh! Du Schwein!
Du häßlicher
Hurensohn!"; und: "Tötet Öbel Oore!"
So schallt es durch die Nacht, denn wir vermissen unsere Freunde sehr.
Öbelaber lacht heimtückisch und reitet auf seiner Gitarre in den Nachthimmel und sein Mantel flattert bösartig.
Voller
Hohn tanzt seine Silhouette vorm Mond; Guantanamera!
so heult es
durch die Nacht und die Amseln fallen tot von den Bäumen
doch die
Raben zerfetzen sie schon im Flug
bevor sie den Boden erreichen
können;
Guantanamera,
guajira guantanamera und das Blut steht in den Gassen
und Federn
in unseren Ohren;
Guantanamera!
3.
Wollen wir nicht ewig in Angst leben, müssen wir etwas tun.
4.
Natürlich:
ein Konzert! Als Poetry-Slam getarnt stellen wir listig die Wahl
des
Guantanamera-Man in Aussicht!
Unauffällig
platzieren wir Spruchbänder und Plakate im ganzen Dorf
und wählen
einen seit langem leerstehenden Laden in einer verrufenen Gegend als
Austragungsort; mit Gewerbemietvertrag und alles.
5.
Jetzt ist es soweit. Alle warten, mit billigen bolivianischen Strohhüten und Panflöten
ausgestattet.
Alle sagen immer: "Hola!" und "Hijo de puta!", denn mehr spanisch können wir nicht.
Pünktlich 20.00 Uhr erscheint Öbel Oore, er ist natürlich voll drauf reingefallen.
Is ja klar, als Außerirdischer hat man ja keine Ahnung, wie das hier so läuft.
"Öbel, Öbel!", so rufen wir, "Du geile Sau! Mach's uns!"
Und er macht es uns; Guantanamera von vorne von hinten kopfüber und im Handstand und
wir jubeln und schreien nach mehr.
Mit dem souveränen Lächeln des Siegertypen hebt Öbel Oore seine Augenbrauen und spielt
weiter: Guantanamera! Guajira guantanamera!
Nach dem ungefähr fünfzigsten mal stürmen wir die Bühne und wollen Autogramme.
Der ganze Laden ist völlig hysterisch und die Mädchen werfen ihre Schlüpfer:
"Oh Öbel, schnell; kritzel uns irgendwas unter die Achseln! Oh my god!"
Jetzt
vertraut er uns und dann geschieht es:
Er stellt die Gitarre weg
um freie Hand zum Autogramme geben zu haben!
Darauf
haben wir nur gewartet! Denn es war natürlich die Gitarre,
die
ihn geschützt hatte! Bei näherer Betrachtung auch völlig
logisch,
denn diese bestand aus hochfesten Verbundstoffen und
hatte Saiten aus reinem Plutonium.
Mit einem schnellen Tritt bringt Simi das Gerät außer Reichweite, und wir stürzen uns auf
ihn!
Hurtig reißen wir ihm die Gliedmaßen heraus, das er sich nicht wehren kann!
Hossa!
Damit
auch wirklich nichts von ihm übrig bleibt, kochen wir aus seinen
Überresten
ein leckeres Chili con carne fürs ganze Dorf; Chilli
con Öbel;
Guantanamera und die Spatzen kacken es von den Dächern.
Aus
seinen Knochen schnitzen wir ein wunderschönes Harmonium,
welches
noch heute im Laden steht, den wir natürlich behalten und
taufen:
Öbel Oore! Außerdem
haben wir jetzt ein hübsches kleines Atomkraftwerk und sind
praktisch unangreifbar, was viele Vorteile hat.
Manchmal spielt jemand auf dem Harmonium und dann denken wir wehmütig zurück an die Zeit, als wir nächtens gemeinsam um die Häuser zogen;
Guantanamera, guajira guantanamera!

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