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Essays, Miniaturen, Kurzgeschichten,
Gedichte, Theater.
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Real, surreal, Rübezahl.
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Archimareschalkus Alliteratus.
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Chichen Atze


2012 naht und unsere aufgeklärte und freie Gesellschaft blickt mit Schaudern auf die Prophezeihungen einer Zeit, in der Aberglaube und Menschenopfer existierten, früher, vor langer Zeit, weit weg, auf einem anderen Kontinent..



Es ist früh morgens gegen 5, und; so wie alle Männer, 
wälze ich mich nackt im Schnee, brülle mich frei und absolviere 
die ersten Keulenübungen.
Kalt und klar ist die Luft an diesem Novembermorgen; doch da!
Eine Schule Rheinländer huscht ueber die Strasse, sorgsam flehmend mit ihren kleinen roten Äuglein, von Gulli zu Gulli huepfend.
Mit einem raschen Wurf erwische ich ein, zwei; der Rest verzieht sich laut krakeelend in die Kanalisation; woher man noch eine Weile ihr heiseres Kraechzen hoert.
Es ist etwas waermer geworden in den letzten Tagen,
wahrscheinlich dachten sie es waere schon Fruehling,
im Sommer sind sie ja ganz putzig, die Weibchen sowieso,
sicher auch intelligent auf ihre Art; so wie Delphine vielleicht oder eben, naja; aber im Winter stinken sie einfach nur.
Herbst geht gar nicht.
Schmunzelnd und auch ein wenig stolz auf meine Treffsicherheit und Geschwindigkeit
schlage ich hurtig noch ein paar Scheite für den Ofen; 
nach und nach hört man auch die anderen Dorfbewohner erwachen; 
ein tiefes Grunzen hie, einen dumpfen Schlag da; es wird Zeit für mich.
Ich mache mich auf den Weg zur Arbeit, 
in leichtem Wolfstrott brauche ich eine halbe Stunde bis zur Spree, 
gleichmäßig fallen die Schritte, ich bemerke kaum die vergehende Zeit; 
schon bin ich da und freundlich neigen sich die Äste auf dem Weg.

Eine Orgie in Grau erwartet mich,träge wälzen sich die Fluten dahin,
eine fette silberne Schlange, der Himmel und das Wasser in inniger Umarmung und der leichte Nieselregen verzaubert alles;
kein Julitag könnte schöner sein!
Freudig stürze ich mich in die Fluten, dem Büro entgegen!
Ruhig und gleichmäßig teile ich das Wasser,
schwer laufen die Tropfen auf meinen Armen,
es ist als schwömme man durch Blei; der Weg zum Fron ist alles wert.

Ein Reiher scheint etwas entdeckt zu haben und segelt nicht weit von mir
auf die Wasseroberfläche zu.
Mir fällt ein, das ich noch nicht gefrühstückt habe.
Ich tauche ab.
Unter Wasser drehe ich mich, so das ich die Oberfläche im Auge behalte.
Mit einigen schnellen Stößen bringe ich mich in Position und warte
bis der Vogel zum Tauchen ansetzt. Er ist so konzentriert das er mich erst bemerkt als es zu spät ist; gerade will er noch abdrehen, doch da habe ich ihn schon am Hals, mit geübtem Griff und natürlich unter Berücksichtigung
der Lichtbrechung schnellt meine Hand aus dem Wasser und er
zappelt in meiner Faust.
In einer Bewegung ziehe ich ihn zu mir und reiße ihm mit meinen Zähnen
die Kehle heraus und in tiefen Zügen trinke ich den warmen Saft des Lebens.
Ich sauge das Tier aus bis nichts mehr übrig ist.
Sein Herz und seine Leber spare ich mir für später auf;
der Bürojob ist doch härter als man auf ersten ersten Blick glauben würde.
Manche halten mich für verrückt wegen der Reiher, aber ich mag keinen Fisch.
Am Ufer angelangt, werfe ich mich auf die Knie um dem Wassergott für seinen Segen zu danken.
eA, eA, oh mächtiger Geist,
eA, eA usw.
Ich opfere die Hälfte meines Tagesvorrats an Tabak.
Für einen riesigen Joint natürlich, und die schweren Schwaden schweben schweigend und schattig und mischen mich mit mem Mampf mer mon meinem meißen Mörper aufsteigt.
Man mag uns "Indianer" ja für naiv halten, bescheuert sind wir sicher nicht.

Auch andere Werktätige steigen nun aus dem Wasser,
nicht alle hatten so viel Glück wie ich.
Einem fehlt ein halbes Bein, ein Stasi hat ihn unter Wasser erwischt,
von hinten selbstverständlich; einige seiner Jungen hängen immer noch an ihm, haben sich verbissen, die Viecher sind so blöd das sie nicht mal merken das sie nicht mehr im Wasser sind, schon schwellen sie an, denn sie vertragen den vielen Sauerstoff nicht und platzen irgendwann und stinken nach Honecker.
Die Dinger sind wirklich eine Plage, und sie wären aller Wahrscheinlichkeit nach auch schon längst ausgestorben, aber das ist eben Politik.
Artenschutz hin oder her; man kann sie nicht essen, man kann sie nicht vögeln, was soll das.
Überall liegen diese gottverdammten H&M- Klamotten herum.

Die Trommeln dröhnen und die Herrin wird böse wenn ich zu spät komme.
Ich meine böse im Sinne von böse. Die Frauen haben magische Kräfte und ich danke meinem Schutzgeist jeden Tag an dem er mich vor ihrer Aufmerksamkeit verschont.
Ich hänge gerne an Haken in meiner Brust von der Stange beim Sonnentanz;
ich weiß gar nicht was die Leute immer haben; ich mag die Hitze, alle kommen mal runter, machen nicht so viel Hektik die ganze Zeit; außerdem hat man einen herrlichen Ausblick da oben; nach oben natürlich; von oben herab kann ja jeder.
Was wollte ich eigentlich sagen?
Büro. Das
Morgenopfer muss erbracht werden, von überall rumoren nun die Trommeln,
die dumpfen dunklen Schläge brüllen nach Blut und
alle Augen saugen die eisensaure Luft in hanstolzer Geilheit sich reibend an den Bäumen und die Peitschen winden sich über den zuckenden Leibern vorm Feuer an den Fassaden; die heiligen Gesänge vom Stau auf der A10 und der Deutschen Bank ertönen und das magische Klappern des Knochenorakels auf dem Frankfurter Parkett und die Opfer tanzen sich in Ekstase; die abgeschlagenen Köpfe der Feinde
auf den Pfählen-
wenn der erste Rechner hochfährt, zuckt das Messer in die rasende Brust und bricht.
Tja, kommt vor;
herausgerissen triefend Herz aufgebrochen, die Monitore besprenkelt,
das Getriebe geölt;
Urga!
So schallt es nun aus vieltausendfach Kehlen, und es rollt durch Berlin und die Maschine erwacht mit erderschütterndem Getöse.
Möge die Geldmenge mit uns sein.
Urga!