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Essays, Miniaturen, Kurzgeschichten,
Gedichte, Theater.
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Real, surreal, Rübezahl.
Le Deutungshoheit c' est moi.
Archimareschalkus Alliteratus.
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Bildende Selbstverteidigung für Nackte und Blinde.
Konkreter Neuer Realismus.
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Polyrythmische Beiträge zur Metaphysik der Zersetzung.
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Swinging through the Überbau like a monkey in the jungle
and sailing the seas of ambiguity.
Mudman's sketchbook.
This is not a diary.
I only write to stay alive.
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Last Exit Hermannplatz






Der Typ mit dem Hitlerbärtchen sägt schon wieder an seinen Baumstämmen rum, 
die er sich wer weiß wo hergeholt hat.
Stinker Schulze steht wie immer regungslos auf der Straße, seine ranzigen Gase absondernd.
Er steht nur da und kuckt.
Man weiß nicht genau wohin, oder ob er überhaupt was sieht; man könnte Mitleid kriegen, 
wenn er nicht so unheimlich wäre.
Tom der Wikinger hat erzählt, das er früher kleinen Jungs vor der Schule aufgelauert hat.
Vielleicht Gerüchte. So gut kenn ich ihn nicht, als das ich alles glauben würde; 
jedenfalls braucht man nen starken Magen und Nerven sowieso, 
wenn du nachts im Hausflur das Licht anmachst und Schulze steht da. 
Steht einfach da. Mal hier, mal dort. Und stinkt.

Der kleine Laden unten im Haus ist jetzt innerhalb des halben Jahres seit ich da wohne, 
schon zweimal überfallen worden.
Ganesha ist ein äußerst umgänglicher Mensch, er kann Einem wirklich leid tun. 
Ist 65, drauf wie 18 und hat eine sehr freundliche  Familie. 
Zusammen mit seinem Kumpel Ede von der anderen Straßenseite, der genauso alt ist, 
macht er immer einen auf Hiphop-Gangsta: "Ohne Mütze kommst du hier nich durch...!"
Hey, Ganesha; 
natürlich war Rosa Luxemburg echt! Keine Frage. Und Karl. 
Bei allen Anderen wär ich mir aber wirklich nicht sicher...der Schleier des Maya liegt eben über Allem.
Oder so.

Ich setz mich also auf mein Rad; natürlich auf dem Fußweg, is doch Kopfsteinpflaster überall; 
und wer kommt mit Schaum vorm Maul angerannt?
Hitler.
Es is immer dasselbe mit dem Spinner. Sobald er jemanden mit dem Rad auf dem Fußweg sieht, 
wird er zum Blockwart. Nicht, das er bloß was sagt; nene; der tritt dir gleich in die Speichen. 
Wir haben uns jetzt schon zweimal auf dem Boden gewälzt, das juckt den gar nicht, 
der kommt mit Spaß an der Sache immer wieder.

Hanuman, mein Mitbewohner, sagt immer: Den musste totschlagen, sonst bringt das nix.
Da hat er wohl recht, aber ich fürchte, selbst das würde der gar nicht mitkriegen.
Die Bullen sind wöchentlich da wegen ihm, können aber nichts tun, sagen sie; der hat `nen Jagdschein...
Will bedeuten, er ist ein registrierter Irrer, und die Klapsmühlen sind voll; 
dazu kommt, das ich bei unserer letzten Prügelei seine Freunde kennenlernen durfte: 
die Besitzer von zwei kleinen Läden bei uns in der Straße, und deren Freunde; 
zehn Mann vielleicht.
Adolf findense alle gut, die Migrantenkomiker.
Die Juden, weißte.
Hanuman und ich ham uns dann gedacht, vielleicht is der Typ auch so ne art Bodyguard für die Geschäfte; wie gesagt, ist ne gefährliche Gegend, und der kann machen was er will.

Jedenfalls hab ich die Faxen dicke, und geb ihm im Vorbeifahren direkt was auf die Mütze.
Mitten in seine feixende Fresse rein.
Mit dem Schwung vom Fahren fliegt er sogar n bissken. Cool. Schreit rum wie am Spieß, 
wie die Irren nun mal so sind ; aber mit den Kopfhörern auf ist das nur wie ein weiterer Part vom Soundtrack.
Pat Metheney.
Das lass ich mir doch nicht kaputtmachen an so einem schönen Sommertag.

Der Penner von dem Kiosk an der Ecke steht die nächsten Tage immer in seinem dicken Muschischlitten mitten uff der Kreuzung und kuckt böse, hat er wohl mal innem billigen Gangsterfilm gesehn. 
Seit die schöne und wunderbare Fatima, die mal in seinem Laden gearbeitet hat; 
und ich uns n bissken verknallt hatten, schiebt der sowieso Filme auf mich. 
Die Gute war dann auch direkt nicht mehr im Laden zu sehn.
Großartig. "Ey du Penner, wie gehts deiner Mudda?
Spielt eh alles keine Rolle mehr, bin schon so gut wie ausgezogen. 
Und die Vögel wissen ganz genau, wennse was wollen, nehm ich auf jeden zwei, drei von denen mit.
Ick scheiß dia ins Jesicht.
Nix gegen Neukölln, als ich das erste mal da war, dacht ich mir: Jau, so hab ich mir Berlin vorgestellt. 
Märkte überall, bunt ohne Ende, meine Welt.
Aber nur bis zum Hermannplatz. 
Herrmannstrasse hoch mein ich.
Also andersrum.
Hast du ein Problem?

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Überhaupt bin ich wahnsinnig friedlich geworden in letzter Zeit.
Mit Kindern und Hunden konnt ich schon immer gut, und neuerdings haben
noch nicht einmal die Fliegen mehr Angst vor mir.
Ich sitz draußen am Tisch und trinke Kaffee und an meiner Tasse sitzt eine Fliege am Rand.
Mit der Hand will ich sie wegscheuchen, aber sie bleibt einfach sitzen- ich muss sie wegstoßen!
Das Luder.
Die Fliege läuft (!) langsam (!) weg. 
Kuckt sich nochmal um.
Und ich meine ein Beinchen zu sehen, das sich mir entgegenstreckt.